Warum du als Läufer:in mit Mobility Training deine Beweglichkeit verbessern solltest

Wie wäre es, wenn du beim Laufen schneller wirst, ohne mehr zu laufen? Geht nicht? Geht doch - meint Carsten und empfiehlt Mobility Training.

Wie wäre es, wenn ich dir sage, dass nicht nur zielgerichtetes Training, sondern auch deine Beweglichkeit Einfluss auf deine Schnelligkeit hat? Und wie wäre es, wenn ich dir sage, dass du, wenn du an deiner Beweglichkeit arbeitest, automatisch schneller wirst?

Gewagte These, oder? Um es gleich vorwegzunehmen, trainieren musst du trotzdem. Ohne Training geht es nicht. Aber du kannst mit gezieltem Mobility Training dein Training signifikant positiv beeinflussen.

Was unterscheidet Mobility Training von anderen Bewegungsformen?

Was unterscheidet nun aber Beweglichkeitstraining („Mobility-Training“) von Stabi- / Krafttraining und klassischen Dehnen (Stretching), wie es bereits häufig im Trainingsplan vorhanden ist? 

Mobility Training betrachtet immer mehrdimensionale Bewegungsmuster, also den Bewegungsumfang, wie er im Alltag eigentlich normal ist. Während in den 70er bis 90er Jahren eindimensionales Bewegungstraining vorherrschend war, hat sich dieser Trend heute stark gewandelt. 

Mit dem Aufkommen der Functional Fitness-Bewegung Anfang der 2000er hat sich gezeigt, dass wir unseren Körper noch viel effizienter trainieren können, wenn wir mehrdimensionale Bewegungsabläufe, also deinen Bewegungsradius („range of motion“), in unsere Trainingsroutine integrieren.

Um das etwas besser zu verdeutlichen, müssen wir zunächst einmal klären, was Beweglichkeit für uns eigentlich bedeutet.

Was ist Beweglichkeit? Eine Übung zum Mitmachen

Wir möchten den Begriff Beweglichkeit hier natürlich ausschließlich aus sportlicher Sicht betrachten. Und im sportwissenschaftlichen Sinn unterscheidet man zwischen aktiver und passiver Mobilität.

Die passive Beweglichkeit beschreibt dabei die grundsätzliche Fähigkeit eines Gelenkes, eine Bewegung auszuführen. Die aktive Beweglichkeit beschreibt die tatsächliche Beweglichkeit, die du ohne fremde Unterstützung erreichst.

Eine kleine praktische Übung, die du direkt hier beim Lesen dieses Blogposts mit durchführen kannst, verdeutlicht noch einmal, was ich hier meine.

Stelle dich aufrecht hin. Halte dich irgendwo fest, damit du nicht umkippen kannst. Jetzt hebst du ein Knie an und ziehst es mit Unterstützung deiner Hand so weit zur Brust wie möglich. Bei den meisten Menschen sollten das Knie oberhalb der Hüfte sein. Sehr bewegliche Menschen bekommen das Knie sogar bis auf die Brust. Hier sprechen wir jetzt von der passiven Beweglichkeit.

Wie beweglich bist du?

Kommen wir zur aktiven Beweglichkeit. Dafür führen wir denselben Test erneut aus. Nur diesmal ziehen wir das Knie ohne Unterstützung durch die Hand nach oben. Die meisten Menschen werden hier nicht die gleiche Höhe erreichen wie beim passiven Beweglichkeitstest. Jetzt haben wir die aktive Beweglichkeit in einer Dimension ermittelt.

Im dritten Test machst du das ganze Prozedere noch einmal. Diesmal aber ohne dich irgendwo festzuhalten.

Und? Das Knie wieder so hoch bekommen?

Wenn du die Tests jetzt noch mit dem anderen Bein wiederholst, wirst du vielleicht feststellen, dass ein Knie höher geht als das andere. Bei der aktiven Beweglichkeit ohne Festhalten ist das eher die Normalität, da wir alle unsere Schokoladenseite haben.

Bei den anderen beiden Testformen sollte es keinen Unterschied geben.

Beweglichkeit ist also eine Mischung aus Gelenkbeweglichkeit und der Fähigkeit die maximale Gelenkbeweglichkeit auch aktiv auszunutzen.

Warum macht mich eine bessere Beweglichkeit schneller?

Deine Laufgeschwindigkeit ist das Produkt aus Schrittlänge und Schrittfrequenz. Beides ist direkt durch unsere Beweglichkeit beeinflusst.

Wenn du es schaffst, dein Knie aktiv nach oben zu ziehen, ohne dabei dein Hüftgelenk oder deinen Oberkörper zu verdrehen, dann kannst du einen größeren Schritt machen und damit pro Schritt mehr Weg zurücklegen.

Dazu kommt, wenn du eine gute Beweglichkeit hast und ohne intensive Ausgleichsbewegungen läufst, kannst du eine höhere Schrittfrequenz erreichen. Du siehst also, deine Beweglichkeit hat direkten Einfluss auf deine Geschwindigkeit.

Die 3 Parameter der Beweglichkeit

Jetzt, wo du weißt, welchen Einfluss die Beweglichkeit auf deine Geschwindigkeit hat, müssen wir nur noch schauen, wie wir die Beweglichkeit eigentlich beeinflussen können. Im Wesentlichen gibt es drei Parameter, die über deine Beweglichkeit entscheiden.

  1. Die Mobility oder Mobilität
  2. Die Elastizität
  3. Die Stabilität

Die drei Parameter sind schon lange bekannt und im Allgemeinen wird jeder für sich trainiert. Die Mobilität wird durch Dehnen (Stretching) trainiert, die Stabilität mit Athletikübungen und die Elastizität sind die kurzen Sprints und Steigerungsläufe, die häufig beim Intervalltraining eingebaut werden.

Finde deine Schwachstellen

Leider werden Mobilität, Elastizität und Stabilität häufig bewegungsuntypisch und damit nicht effizient genug trainiert. Außerdem wird nicht geschaut, wo der Athlet bzw. die Athletin wirklich unbeweglich ist.

Wer hier einen tieferen Einblick erhalten möchte, dem empfehle ich ein Functional Movement Screening durchzuführen. Dies ist die effizienteste Art, um Trainingsschwerpunkte für das Mobility Training zu definieren.

Eine Schwachstelle, die uns in unserem Trainingsalltag immer häufiger begegnet, ist die Hüfte. 2016 erschien das Buch “Sitzen ist das neue Rauchen” von Dr. Kelly Starrett.* Viele Medien berichteten daraufhin über eine schlechte Körperhaltung durch unser vieles Sitzen im Alltag. Dadurch wird die Hüfte stark in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt.

Bedauerlicherweise ist Laufen hierfür keine wirkliche Alternative. Es führt nur zu einer verkürzten Muskulatur und dadurch zu einer noch stärkeren Bewegungseinschränkung in der Hüfte.

Mobility Training: Was kann ich tun, um die Beweglichkeit zu trainieren?

Um die Beweglichkeit wieder herzustellen, ist nicht viel notwendig. Lediglich die folgenden 5 Punkte solltest du beachten:

  1. Schaffe dir Mobilitäts-Routinen. An der Beweglichkeit zu arbeiten, ist eine dauerhaft wiederkehrende Aufgabe. Am besten ist tägliches Mobilitätstraining. Schon 5 Minuten spezielle Mobility-Übungen täglich können reichen, um deine Beweglichkeit zu verbessern bzw. zu erhalten.
  2. Konzentriere dich auf komplexe Bewegungsmuster, wie du sie auch für deinen Sport oder im Alltag brauchst. Niemand braucht Muskeln, der Muskeln wegen, außer vielleicht Bodybuilder.
  3. Arbeite gezielt an Schwächen. Wenn du beim Dehnen mit den Händen bis auf den Boden kommst, aber andererseits das Knie nicht bis zur waagerechten anheben kannst, dann solltest du eher am Kniehub arbeiten.
  4. Qualität statt Quantität. Lieber fünf Minuten am Tag qualitativ hochwertig trainieren, als zweimal in der Woche für zwei Stunden ins Fitnessstudio zu gehen und dort wie wild Gewichte zu stemmen.
  5. Überprüfe regelmäßig, ob dein Training dich in deiner Bewegung einschränkt. Eine regelmäßige Wiederholung des Functional Movement Screening kann hier sehr hilfreich sein. Durch regelmäßige Kontrollen kannst du zeitnah gegensteuern.

3 Mobility Übungen für zu Hause

Zum Abschluss möchte ich dir noch unsere 3 wichtigsten Mobilisationsübungen als Trainingseinheit vorstellen.

Dieses kleine Mobility Workout kannst du täglich zu Hause durchführen und es bringt dir langfristig positive Effekte auf dein Lauftraining und natürlich auch im Alltag.

Bringt Mobility Training mehr als Dehnen oder Stabi-Training?

An dieser Stelle sei noch der Hinweis erlaubt, dass ich rein gar nichts gegen klassisches Dehnen bzw. Kraft- und Stabi-Training habe. Dies ist allemal besser, als nichts zu tun. Ich möchte dir mit Mobility Training nur eine weitere Stellschraube für die Verbesserung deiner Wettkampfleistung aufzeigen und dir hierfür Tipps geben.

Gezieltes Beweglichkeitstraining, also die Kombination aus Mobilität, Elastizität und Krafttraining wird dir helfen, ohne große Mehraufwände deine Laufleistung zu verbessern und das Verletzungsrisiko zu minimieren.


Über den Autor: Carsten Brandner

Carsten Brandner ist Triathlet, Coach und Co-Founder der ausdauerfactory GmbH. Als Lizenztrainer beschäftigt er sich seit 20 Jahren mit Bewegungslehre und Training im Ausdauersport. 

2018 hat er trotz reiseintensivem Job und Trainertätigkeit seine erste Triathlon-Langdistanz gefinisht. Diese Trainingseffizienz basierend auf den drei Säulen Ausdauertraining, Beweglichkeit und Ernährung steht auch in den Trainingsplänen der Ausdauer-Coaches an erster Stelle.


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