Gibt es den optimalen Puls zur Fettverbrennung beim Sport wirklich?

Viele schwören auf eine optimale Herzfrequenz, um beim Sport abzunehmen. Doch gibt es den idealen Puls zur Fettverbrennung beim Training wirklich?

Es geistert seit vielen Jahren ein Mythos durch die Fitnesswelt, der vor allem in einigen Fitnessstudio, in unreflektierten Artikeln im Internet und in Abnehmgruppen sein Unwesen treibt – das Märchen vom Fettverbrennungspuls.

In dem Märchen wird von Unwissenden schnell mal Einsteigern, die abnehmen wollen, erzählt, dass sie nur Fett verbrennen, wenn sie beim Training in einem bestimmten niedrigen Pulsbereich – eben dem Fettverbrennung-Puls – mindestens für eine bestimmte Zeit sich bewegen.

Mit Verlaub – das ist grober Unfug!

Doch während die einen das aus Unwissenheit immer weiter erzählen, machen andere Trainer das mit purer Absicht. Warum – erfährst du am Ende des Artikels.

Auf einen Blick: Der Mythos vom Fettverbrennungspuls

  • Mythos oder Wahrheit? Oft wird behauptet, dass effektive Fettverbrennung nur bei einem bestimmten, niedrigen Pulsbereich – dem sogenannten Fettverbrennungspuls – stattfindet. Wir decken auf, warum diese Annahme ein Irrglaube ist.
  • Was zählt wirklich? Der Schlüssel zum Abnehmen liegt nicht in einem magischen Pulsbereich, sondern in der intelligenten Kombination aus verschiedenen Trainingsintensitäten und einer angepassten Ernährung.
  • Dein Trainingspuls: Die ideale Herzfrequenz für dein Training hängt von vielen Faktoren ab: Deiner Sportart, deinem Trainingsziel und deiner persönlichen maximalen Herzfrequenz. Eine pauschale Zahl als Fettverbrennungspuls gibt es nicht.
  • Energiegewinnung im Körper: Unser Körper zieht seine Energie sowohl aus Kohlenhydraten als auch aus Fetten sowie aus Eiweißen. Das Verhältnis ändert sich mit der Intensität der Bewegung. Je höher die Belastung, desto mehr Kohlenhydrate werden verbrannt.
  • Die Wahrheit über Fettverbrennung: Eine niedrige Herzfrequenz führt nicht zwangsläufig zu besserem Fettabbau. Die Gesamtkalorienbilanz zählt. Man kann nicht nur Fett verbrennen.
  • Richtig trainieren: Wir zeigen dir, wie du durch eine Mischung aus langsamen und intensiven Läufen und durch Krafttraining effektiv Fett verbrennen und gleichzeitig deine Ausdauer verbessern kannst.
  • Warum der Mythos lebt: Der Glaube an den Fettverbrennungspuls verleitet viele Sporteinsteiger dazu, langsamer und dadurch oft länger trainieren zu können – was tatsächlich zu besseren Ergebnissen führen kann.

Bei welchem Puls sollte man trainieren?

Die Frage, mit welcher Herzfrequenz du trainieren solltest, hängt von verschiedenen Dingen ab. Da ist zum ersten die Sportart. Der Belastungspuls beim Radfahren ist niedriger als beim Laufen, weil andere Muskeln daran beteiligt sind. 

Als Nächstes wäre da dein Trainingsziel. Möchtest du schneller werden oder Gewicht verlieren? Hast du Zeit, deine Einheit auch auf längere Zeit auszudehnen oder willst du es kurz und knackig?

Und schließlich: Was ist deine maximale Herzfrequenz? Jetzt hast du bestimmt schon einmal von der Faustformel (220 – Lebensalter) gehört und denkst jetzt vielleicht, dort liegt deine maximale Herzfrequenz. 

Kann stimmen, muss aber nicht. Diese Formel gibt nur einen Mittelwert über alle Menschen wieder und damit liegt deine persönliche maximale Herzfrequenz eventuell um bis 20 % und damit deutlich daneben. Wie du besser deine Herzfrequenzzonen bestimmst, erfährst du in diesem Podcast:

Gehen wir mal davon aus, dass du deine Fettverbrennung ankurbeln möchtest, denn sonst wärst du wahrscheinlich nicht hier gelandet. Ist dem so, sollte dein Trainingspuls beim Laufen etwa zwischen 65 und 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen. Ein durchaus großer Bereich und trotzdem heißt das noch lange nicht, dass das deine Fettverbrennungszone ist. 

Woher bezieht dein Körper seine Energie und wie verbrennt man Fett?

Bei jeder Art von Bewegung benötigt dein Körper Energie. Selbst dann, wenn du von der Couch aufstehst und zum Kühlschrank läufst. Allerdings gilt: Je stärker die Bewegung ausfällt, desto mehr Energie wird benötigt.

Schlechte Karten also, wenn du dich nur auf den Gang zwischen Couch und Kühlschrank beschränkst. Wenn du jetzt aber denkst, dass viel Bewegung auch viel hilft, so stimmt auch das nur teilweise.

Die Energie, die dein Körper für Bewegungen benötigt, stammt hauptsächlich aus Kohlenhydraten, Fettreserven und in extremen Situationen auch aus Eiweißen, wobei Kohlenhydrate für schnelle Energie sorgen, Fette eine nahezu unendliche, aber langsamer zugängliche Energiequelle darstellen und Eiweiße, die vor allem in Muskeln vorhanden sind, erst als letzte Option für Energie genutzt werden, da ihr Abbau den Verlust von Muskelmasse bedeutet.

  • Kohlenhydrate, in Form von Glykogen aus Muskeln und Leber

Kohlenhydrate kann dein Körper allerdings nur sehr begrenzt speichern und deshalb sind sie endlich. Wer schon einmal einen Hungerast erlebt hat, kennt das Gefühl, wenn die Kohlenhydratspeicher leer sind.

Der Vorteil ist, man kann die Speicher aber auch relativ einfach und schnell wieder auffüllen.

  • Fette, in Form der unbeliebten Speckpölsterchen an Stellen, wo wir sie nicht unbedingt haben wollen.

Und egal, wie schlank du bist, das Depot an Fetten ist bei jedem Menschen nahezu unendlich. Auf- und Abbau dauert dagegen sehr lange. Vor allem letzteres dürftest du kennen, wenn du schon mal abnehmen wolltest. Oder?

Denn so wie ein paar sündige Essenstage noch nicht automatisch für einen Fettaufbau sorgen, hilft auch keine Crash-Diät.

Immer gleichzeitig: Fett + Kohlenhydrate = Energie

Die Energie, die dein Körper benötigt, wird somit immer durch Kohlenhydrate und Fette gleichzeitig bereitgestellt. Der einzige Unterschied – verändert sich die Belastung, verändert sich das Verhältnis aus Kohlenhydraten und Fetten.

Die Faustregel: Je höher die Belastung ausfällt, desto größer ist der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiebereitstellung. Eben, weil der Körper die Energie aus Kohlenhydraten einfacher verarbeiten kann.

Und genau hier entstand wohl das Märchen vom Fettverbrennungspuls.

Das Märchen vom Fettverbrennungspuls beim Joggen

Es war einmal Rita. Rita will durch Laufen abnehmen und findet im Internet in einem einfach zu verstehenden Artikel den heiligen Gral – den Fettverbrennungspuls.

30 Minuten soll sie mit einem Puls von 110 bis 130 laufen, um das meiste Fett zu verbrennen. Also kauft Rita sich einen Pulsmesser und läuft los.

Genauer – sie walkt, denn sobald sie auch nur zu traben beginnt, schnellt ihr Puls viel höher als das genannte Maximum. Also geht sie die 30 Minuten mit strammem Schritt und verbraucht dabei etwa 240 Kcal.

Im niedrigen Pulsbereich, in dem Rita unterwegs ist, setzt sich die Energie aus 60 % Fett und 40 % Kohlenhydraten zusammen. Rechnen wir das durch, bedeutet das, dass 144 kcal aus Fetten und 96 kcal aus Kohlenhydraten verbrannt werden.

1 g Fett entspricht ungefähr 9kcal. Rita hat also in ihrem Training 16 g Fett verbraucht. Ganz schön wenig, oder?

Walken statt Laufen für die optimale Fettverbrennungszone?

Ritas Zwillingsschwester Anne glaubt nicht an Märchen. Doch auch Anne will durch Laufen abnehmen und durch ein gutes Trainingsprogramm für Einsteiger schafft sie es nach einigen Wochen, 30 Minuten am Stück zu joggen.

Ihr Puls ist aber dabei natürlich deutlich höher als bei Rita, die ihre schwitzende und keuchende Schwester nur müde lächelnd beobachtet.

Wie sieht aber die Bilanz von Anne aus? Schauen wir uns dafür den Kalorienverbrauch beim Joggen und Walken an. Anne verbraucht auf ihrer Joggingrunde 360 kcal. Im höheren Pulsbereich, in dem Anne unterwegs ist, setzt sich die Energie aus 40 % Fett und 60 % Kohlenhydrate zusammen.

In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass auch Anne 144 kcal aus Fetten verbrennt, aber 216 kcal aus Kohlenhydraten. Beide haben somit 16 g aus Fett verbrannt.

 RitaAnne
 30 Minuten Walken30 Minuten Laufen
Kalorienverbrauch240 kcal360 kcal
Fette144 kcal144 kcal
Kohlenhydrate96 kcal216 kcal
Tabelle: Vergleich Walken und Laufen

Wann verbrennst du am meisten Fett?

Ist damit bewiesen, dass das mit dem optimalen Fettverbrennungspuls also doch kein Märchen ist?

NEIN – denn das Ziel der beiden ist abnehmen und die Waage lügt nicht. Also rechnen wir weiter.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Zwillinge Rita und Anne gleich groß, gleich schwer sind und auch gleich essen, wird sich die Waage bei Anne schneller bewegen.

Weil Anne insgesamt mehr Kalorien verbrannt hat. Wenn du abnehmen willst, zählt die gesamte Kalorienbilanz und nicht nur der Anteil der Fette. Du kannst nicht nur Fettabbau betreiben! Weshalb es völlig sinnfrei ist, nur im Fettverbrennungspuls zu trainieren.

Wie du am Beispiel erkennen konntest, ist der Anteil Fett bei einer relativ niedrigen Herzfrequenz beim Sport am höchsten. Doch es stimmt eben nicht, dass du in diesem Bereich auch am besten abnimmst. Sprich, es gibt die Fettverbrennungszone de facto einfach nicht.

Damit ist das Märchen vom Fettverbrennungspuls widerlegt.

Viele schwören auf eine optimale Herzfrequenz, um beim Sport abzunehmen. Doch gibt es den idealen Puls zur Fettverbrennung beim Training wirklich?

So klappt die Fettverbrennung beim Laufen, um Gewicht zu verlieren

Was heißt das jetzt aber ganz konkret, wenn durch Sport nicht nur deine Fitness steigern, sondern auch abnehmen willst? Ich gebe dir in der Folge drei Tipps, wie Abnehmen durch Joggen am besten funktioniert.

Laufe gelegentlich mit hoher Intensität

Einmal in der Woche solltest du dein Herz Kreislauf System ordentlich fordern und deutlich schneller laufen. Der Effekt – dein Körper verbrennt während und nach der Einheit weiterhin Energie (Nachbrenneffekt) und deine Muskeln werden aufgebaut. Du nimmst also nicht nur ab, sondern wirst auch noch schneller dabei und auch dein Grundumsatz steigt. Muskeln brauchen einfach mehr Energie als Fett.

Für diese Methode eignet sich ein Intervalltraining perfekt. Hier ein Beispiel:

Laufe dich für mindestens 15 Minuten warm. Danach läufst du eine Minute so schnell du kannst, gefolgt von zwei Minuten lockerem Traben. Je nach Fitnesszustand und Zeit wiederholst du das 5-10x. Am Ende dann noch 10 Minuten locker auslaufen und schon hast du in etwa 45 Minuten ein gutes Training absolviert und den Nachbrenner zum Fettabbau angeworfen.

Laufe bei niedriger Herzfrequenz zum Abnehmen

Das beste Verhältnis aus der Verbrennung von Fetten und Kohlenhydraten erhält man, wenn man besonders langsam läuft. Wir haben es eingangs hinreichend bewiesen.

Nur laufen die meisten Hobbyläufer nahezu nie langsam. Zumindest nicht so langsam, dass es sich lohnt. Laufe also die meiste Zeit im Training in einem angenehmen und ruhigen Tempo. Du solltest noch lockern plaudern können, dann bist du richtig unterwegs.

Wenn du eine 10 km-Bestzeit hast, so ist das ideale Trainingstempo mindestens 60, besser 90 Sekunden langsamer pro Kilometer als bei deiner Bestzeit. Wenn du also zum Beispiel 10 km maximal in 65 Minuten rennen kannst, dann laufe im Training bei etwa 7:30 oder besser 8:00 min/km. Liegt deine Bestzeit bei 55 Minuten, solltest du zwischen 6:30 und 7:00 min/km im Training laufen.

Damit förderst du nicht nur perfekt die optimale Fettverbrennung, sondern trainierst auch wunderbar deine Grundlagenausdauer.

Die Mischung macht es beim Abnehmen

Na super – erst sollst du schneller laufen, dann langsamer. Ja was nun?

Hier kommt das Pareto-Prinzip ins Spiel. Mindestens 80 % deines Trainings sollte im sehr langsamen Bereich stattfinden. Höchstens 20 % darf es richtig flott sein.

In der Praxis trainieren die meisten Hobbyläufer allerdings zu 100 % weder im einen noch im anderen Bereich. Und wundern sich dann, warum sie nicht schneller werden und auch ganz sicher nicht abnehmen.

Probiere es mal ein paar Wochen aus, du wirst sehen, es wirkt. Und noch etwas ist wichtig.

Fürs Abnehmen zählt: Abgenommen wird nicht (nur) auf der Laufstrecke, sondern in erster Linie in der Küche und durch Kraft- und Stabitraining.

Gar nicht dumm – darum hält sich der Mythos vom Fettverbrennung Puls

Wir wissen nun, dass die Sache mit dem Fettverbrennungspuls Quatsch ist. Warum hält er sich aber so hartnäckig. Man könnte jetzt auf mangelndes Wissen von Fitnesstrainer schimpfen, doch ganz so einfach ist das nicht.

Die Sache liegt in der Einfachheit. Weil so viele Einsteiger eher nach dem Motto „No pain, no gain“ trainieren, überlasten sie sich. Die Folge – Muskelkater, Unlust, Verletzungen und ein Schweinehund, der sich ins Fäustchen lacht.

Pflanzt man ihnen dagegen die Sache mit dem Fettverbrennungspuls ein, so trainieren die meisten automatisch langsamer. Sie trainieren am Ende länger und häufiger und erreichen so die besseren Resultate als die Sportfreunde der „viel hilft viel“-Kategorie.

Und so wird das Märchen weiter getragen und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Auf geht’s – werde dauerhaft zum Sportler!
Torsten


Über den Autor: Torsten Pretzsch

Torsten Pretzsch vom ausdauerclub

Torsten hat eine Reise vom Couchpotato zu einem engagiertem Lauftrainer hinter sich. Er kennt den Kampf mit dem inneren Schweinehund und nutzt diese Einblicke, um unsere Mitglieder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Herausforderungen zu meistern.

Seine Leidenschaft, anderen ein fitteres Leben zu ermöglichen, führte zur Gründung des ausdauerblog im Jahr 2015, aus dem später der ausdauerclub hervorging.

Mit dem ausdauerclub möchte Torsten seine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.

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