Ein Gastbeitrag von Martin Feigenwinter
Sportler denken immer nur an das eine: Wie kann ich mich immer wieder neu motivieren?
Genau da liegt der Unterschied zwischen sportlich aktiven und inaktiven Personen.
Sportlich aktive Personen schaffen es scheinbar problemlos, sich immer wieder zu motivieren. Selbst wenn es in Kübeln giesst, sind sie mit einem Lächeln unterwegs. Andere müssen sich schon bei schönem Wetter zum Sport aufraffen und sich mit viel Selbstdisziplin zum Training zwingen.
Zu welchen gehörst du? Ehrlich?
Wenn du immer mit einem Lächeln zum Sport gehst … musst du hier nicht weiterlesen.
Wenn du jedoch denkst: „Das wäre toll, wenn ich auch auf dieses Level komme …“ – dann lies weiter.
Ich muss dich jedoch warnen: Es ist denkbar, dass du dich danach regelmässig und gerne bewegst.
Treibst du regelmässig Sport?
Der Sportpsychologe Ralf Brand wollte wissen, woher diese Unterschiede kommen und warum es manchen scheinbar mühelos gelingt, sich für das Training zu motivieren.
Keine Sorge, die Studie wurde nicht mit Top-Athleten durchgeführt. Sondern mit 196 Erwachsenen im Alter von 40-54 Jahren, also ganz „normalen Leuten“. 72 % haben gesagt, dass sie regelmässig Sport treiben. 58 % von diesen sportlich aktiven Personen trainieren mehr als zwei Stunden pro Woche. Hauptsächlich in Ausdauersportarten.
Wie du unschwer feststellen kannst, wurde mit „regelmässig Sport treiben“ ein humaner Bereich angeschaut. Genau das gefällt mir an dieser Studie, da sie aus meiner Wahrnehmung ein gutes Bild vom sportlich aktiven „Normalo“ aufzeigt. Und nicht eine Person mit einem Trainingsumfang, der mit dem eines Spitzensportlers vergleichbar ist.
Doch warum fällt es den sportlich Aktiven leichter, sich zu motivieren?
Einstellung ist nicht gleich Einstellung
Klar doch, denkst du jetzt bestimmt. Mit einem eisernen Willen und viel Disziplin schaffen die das locker.
Fehlanzeige! Da muss ich dich leider enttäuschen.
Die Teilnehmer wurden nach ihrer kognitiven und nach ihrer affektiven Einstellung zum Sport gefragt. Oder etwas einfacher ausgedrückt, was sie über das Sporttreiben denken und wie sie sich beim Gedanken an Sport fühlen.
Sportlich aktive Personen erreichen auf beiden Skalen höhere Werte als die sportlich Inaktiven. Ich habe das in der folgenden Tabelle „unwissenschaftlich“ vereinfacht.
Sportlich aktiv | Sportlich inaktiv | |
Denken, dass Sport gut ist | 7,01 | 6,16 |
Fühlen, dass Sport gut tut | 6,22 | 4,80 |
Die Werte der Einstellungen wurden auf einer Skala von 0 bis 8 abgefragt.
Wenn du die Werte der Einstellungskomponente zwischen sportlich aktiven und inaktiven Personen anschaust, sticht dir bestimmt etwas ins Auge, oder?
Sportlich aktive Personen denken nicht nur, dass Sport etwas Gutes ist. Sie fühlen auch, dass ihnen Sport gut tut. Darum haben sie das Unbewusste im Boot!
Zwischen „Sport denken“ und „Sport fühlen“ gibt es also einen kleinen, aber nicht unwesentlichen Unterschied zwischen den Aktiven und Inaktiven.
Und genau da liegt die Krux.
Sportlich Aktive denken nicht nur, dass Sport gut und gesund ist. Sie fühlen sich gut dabei!
Wenn du Sport machst, nur weil du denkst, dass es gesund ist, wirst du kaum regelmässig Sport treiben. Denn du musst dich regelmässig mit einem eisernen Willen und Disziplin dazu zwingen. Das ist fast wie mit der Medizin. Nur wenn sie „gruusig“ ist, hilft es.
Das Unbewusste hast du damit nicht im Boot. Spass macht das definitiv nicht.
Auch Top-Athleten erreichen ihre Ziele nicht mit eiserner Disziplin und Selbstkasteiung. Dahinter versteckt sich mehr.
Das Geheimnis
Sportlich aktive Personen haben das Unbewusste im Boot!
Pierre Paganini sagte über Roger Federer: «Seine Leidenschaft für das Training und das Tennis war zuletzt vielleicht noch grösser, als ich gedacht hatte. Wenn einer wie er, der 6 Monate keine Turniere bestreiten kann, jeden Tag mit einem Lächeln ins Training kommt, ist das mehr als Leidenschaft. Er ist schon ein Unikum.»
Mit eisernem Willen und reiner Disziplin hätte sich Roger Federer nie und nimmer so lange an der Weltspitze halten können.
Er fühlt sich beim Sport gut und denkt nicht, dass er das tun muss, um Geld zu verdienen oder weil es gut für die Gesundheit ist. Er hat Spaß daran.
Und das ist das Geheimnis für regelmässigen Sport. Wenn du fühlst, dass dir dein Sport gut tut, dann hast du Spass dabei und das Unbewusste im Boot.
Sportlich aktiv mit Spaß
Du schaust gerade ungläubig und denkst dir, was soll ich tun? Und vor allem, wie bekomme ich das Unbewusste ins Boot?
Ich verrate es dir gerne.
Das Unbewusste hat nur ein Ziel. Dein psychisches Wohlbefinden zu sichern. Da kann es auch Konflikte geben, wenn es gerade so bequem auf dem Sofa ist. Dann heisst es hinterher: „Mein innerer Schweinehund hat …“ Die gute Nachricht: Den inneren Schweinehund gibt es nicht. Du glaubst mir nicht? Dann schau dir diesen Artikel an.
Doch zurück zu deinen Möglichkeiten. Ich gebe dir gerne ein paar Tipps, was du tun kannst, um das Unbewusste für dich arbeiten zu lassen.
Nimm das, was für dich am besten passt.
Wortwahl anpassen
Worte sprechen das Unbewusste an.
An jedem Wort hängt ein Bild, an jedem Bild eine Emotion.
Wenn das Wort „Sport“ oder eine Aussage wie „Ich muss noch zum Sport“ ein negatives Gefühl auslöst, wird dich das kaum motivieren. Etwas tun müssen scheint mir wenig erstrebenswert. Das muss vermieden werden.
Mit einer anderen Wortwahl kannst du dein Gefühl verändern. Wie wäre es mit „Ich gönne mir Bewegung“ oder so ähnlich? Sich etwas gönnen löst bei fast allen ein gutes Gefühl aus, Bewegung auch.
Versuch’s mal!
Ein motivierendes Ziel
Im Gegensatz zu Tieren kannst du die kurzfristige Belohnung gegen eine Belohnung eintauschen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Vorausgesetzt, dein Unbewusstes findet diese attraktiv und quittiert sie mit einem guten Gefühl.
Achte auch hier darauf, dass du mit der Belohnung ein klares Bild verbindest, das bei dir ein gutes Gefühl auslöst.
Auch wenn das Sofa im Moment das Wohlbefinden sichert, wird sich dein Unbewusstes auf ein sportliches Ziel oder einen daraus resultierenden Gewinn stürzen.
Ein Gewinn für dein Unbewusstes ist z. B., wenn regelmässige Bewegung dazu führt, dass du
- wieder mit deinen Enkeln/Kindern herumtollen kannst
- einen Berggipfel bezwingen kannst
- dir den Traum von einer langen Wanderung erfüllst
- mit deinem Sohn eine Radtour machen kannst
- im Schwimmbad eine gute Figur machst
- dich wohler und attraktiver fühlst
Jedes Ziel, das bei dir ein supergutes Gefühl auslöst, ist gut.
Eine Sportart, die zu dir passt
Ich sehe immer wieder Frauen und Männer, die mit einem gequälten Gesichtsausdruck joggen oder sich im Fitnesscenter abmühen. Nur weil jemand sagte, das macht Spaß. Man sieht jedoch von Weitem, dass sie das nicht lange durchziehen werden, weil es ihnen keine Freude macht.
Auch ich mag Ausdauersport, sitze gerne stundenlang auf dem Fahrrad und liebe es, Pässe hochzufahren. Ich gehe auch gerne alleine Radfahren, damit ich meinen Gedanken nachhängen kann. Für mich ist das Entspannung pur.
Nur heisst das noch lange nicht, dass es für dich auch so ist.
Suche dir eine Sportart, die dir Spaß macht. Nicht weil es dein Partner oder deine Kollegen cool finden oder es gerade hip ist.
Wenn dein Umfeld „das Plättle zählen“ beim Schwimmen uncool und öde findet, heisst das nicht, dass du dir den Spaß am Schwimmen verderben lassen musst.
Wenn du der Mannschaftssportler bist, wirst du alleine auf dem Rad wenig Spaß haben. Suche dir Gesellschaft oder einen Mannschaftssport, in dem du dich ausleben kannst.
Entscheidend ist, was du kannst und wie du deine Möglichkeiten nutzt.
Fazit
Sport aus einem rein gesundheitlichen Aspekt zu betreiben, ist ein rationales Konzept, das langfristig keinen Spaß macht. Damit ist dein Plan, mehr Sport zu machen, zum Scheitern verurteilt.
Übst du eine Sportart aus, die dir keinen Spass macht, wirst du nach kurzer Zeit frustriert zu Hause sitzen und dir überlegen, was die sportlich Aktiven anders machen.
Das Geheimnis: Sportlich aktive Personen üben eine Sportart aus, die bei ihnen ein gutes Gefühl auslöst. Sie haben das Unbewusste im Boot!
Mit einem motivierenden Ziel und einer Sportart, die du gerne ausübst, wird dein Sport schneller, als du denkst, zur schönsten Nebenbeschäftigung.
Nutze deine Möglichkeiten!
Martin
PS: Ich bin übrigens der Meinung, dass Spass beim Sport alles ein wenig einfacher macht.
Über den Autor:
Martin Feigenwinter ist Olympionike im Eisschnelllaufen und bloggt auf feigenwinter.com. Er unterstützt Athleten dabei, am Tag X ihr volles Leistungspotenzial abzurufen.
Athleten profitieren von seiner persönlichen Erfahrung aus 15 Jahren Leistungssport und als Coach. Er ist zweifacher Olympiateilnehmer (1994, 1998) und mehrfacher Schweizermeister & -rekordhalter im Eisschnelllaufen. 1998 schaffte er auf seiner Paradestrecke 10’000 m den Sprung in die Top 10 der Weltrangliste aller Zeiten.
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Und das meinen die Leser:
Der Blog ist wirklich genial - in regelmäßigen Abständen werden typische Läufer-Fragen und -Probleme aufgegriffen und kompetent beantwortet. Alle Hinweise sind fundiert und sehr gut nachvollziehbar. Die Tipps sind sehr gut umsetzbar. Vielen Dank - mir hat der Blog schon oft geholfen.
hallo
“Das Geheimnis: Sportlich aktive Personen üben eine Sportart aus, die bei ihnen ein gutes Gefühl auslöst. Sie haben das Unbewusste im Boot!“
Da kann ich nur zustimmen
Danke für den tollen Artikel
gruss Yasin
Liebe Yasmin
Herzlichen Dank für die Blumen. Freue mich, dass dich der Artikel anspricht.
Lieber Gruss
Martin
Hey Martin,
nett, dich hier zu treffen! 😉 Und ich bin ganz deiner Meinung. Ohne Spaß am Sport hält man es definitv nicht durch. ZUm Glück stellt sich der aber spätestens mit sichtbaren Erfolgen ein. Am Anfang muss man sich noch überwinden. Und bei manchen Sportarten dauert es nach meiner Erfahrung auch etwas länger, bis man sich mit ihnen anfreundet. Aber insgesamt ist es eine super Nachricht, dass man etwas genießen kann, was zufällig auch noch gut für Körper und Psyche ist. 🙂
In diesem Sinne
beste Grüße,
Lotta
Hoi Lotta
Die (Blogger-) Welt ist doch ein Dorf, oder? Es gibt in der Tat Sportarten, bei denene es länger dauert, bis die ersten Erfolgserlebnisse da sind.
Oft wird auch vergessen, dass sich der Körper zuerst an eine Belastung gewöhnen muss. Wenn Läufer von ihrem „Runnershigh“ berichten, bringen Laufanfänger höchtens ein müdes Lächeln über die Lippen.
Meine Freundin beginnt gerade mit Radfahren. Sie geniesst die Umgebung und tastet sich langsam heran.
Jeder soll sich in seinem Tempo und nach seinen Möglichkeiten entwickeln. Alles andere ist wenig zielführend.
Wünsche dir viel Spass bei deinem Training.
Lieber Gruss
Martin