Ein Gastbeitrag von Antje Heimsoeth
Wer hat dich heute inspiriert? Über wen hast du dich geärgert? Und wer hat dich herausgefordert?
Egal, welche Sportart du betreibst – es gibt immer ein Umfeld, in dem du dich bewegst: Vereins- und Mannschaftskameraden, Trainer und Co-Trainer, Physiotherapeuten, Ärzte, Freunde und Familienangehörige usw. Dieses Umfeld formt dich – ob du willst oder nicht – und bestimmt deine mentale Stärke.
Die Haltungen, Erwartungen, Ansprüche, Forderungen und Rückmeldungen jener Menschen, die dich umgeben, wirken sich auf dein Denken, Fühlen, Handeln und Verhalten aus. Niemand wird erfolgreich ohne ein unterstützendes Umfeld und Netzwerk. Es fängt bei Trainingsgemeinschaften an und hört bei Wettkämpfen nicht auf.
Die deutsche Fußball-Nationalelf wäre nicht Weltmeister geworden ohne das Team aus Physiotherapeuten, Ärzten, Athletiktrainern bis hin zu den Lebenspartnern im Hintergrund.
Stabilisieren oder schwächen, fördern oder zurückhalten – alles ist möglich
Unser Umfeld hat gleich mehrere Funktionen für uns: Es kann uns stabilisieren, motivieren, kritisieren, fördern. Fehlt uns ein unterstützendes Umfeld, kann uns das schwächen, zurückhalten, abhalten oder gar stoppen.
Geeignete Unterstützer im direkten Umfeld zu finden, ist nicht immer leicht. Hinzu kommt, dass Menschen, die gut für uns und unsere Zielerreichung sind, nicht immer leicht für uns zu ertragen sind. Denn in der Regel sind dies Menschen, die uns fordern und gelegentlich unbequem sind. Menschen, die uns mit unseren Defiziten konfrontieren und uns zwingen, Dinge anzuschauen, die wir selbst nicht sehen können oder möchten. Solche Unterstützer sind herausfordernd, aber für unsere Weiterentwicklung extrem wichtig.
Konstruktive Kritik aus dem Umfeld ist sehr wertvoll. Ich hole mir regelmäßig Feedback von Kollegen, Klienten, Kunden und Freunden. Manchmal kann diese Kritik sogar so wehtun, dass ich weine – aber ich bin jedes Mal danach froh, sie bekommen zu haben. Denn sie sorgt für meine Weiterentwicklung. Nur durch dieses Schleifen bin ich zu dem geworden, was ich heute bin.
Dream-Team gesucht!
Die Unterstützung anderer ist für jeden Menschen sehr wichtig. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir ein intaktes Umfeld, in dem wir uns wohl fühlen – das gilt für Sport wie Beruf. Gibt es hier Schieflagen, hilft es nicht, zu jammern, aber nichts zu ändern. Dann gilt es kritisch zu gucken: Was kann ich ändern, wie kann ich für mehr Unterstützung sorgen oder wie kann ich negative Einflüsse reduzieren?
Auch wenn es weh tut: Manchmal muss man das Umfeld wechseln. Ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle gehen damit oft einher. Doch wenn ich ein klares Ziel vor Augen habe, muss ich das riskieren.
Wenn du dich verändern möchtest, dann gilt es vielleicht auch, dein Umfeld zu verändern. Hält man am früheren Umfeld fest, kann es sein, dass man scheitert. Schaffe dir ein positives Umfeld!
Ein Beispiel aus meiner Coaching-Praxis:
Eine Skifahrerin mit dem Ziel, Weltcup zu fahren, trainiert zu wenig. Es hapert an ihrer Fitness. Das liegt u.a. daran, dass sie mit jenem Trainer, der fürs Konditionstraining zuständig ist, nicht gut zurechtkommt.
Sie will aber nicht mit ihm darüber reden und konkrete Missstände ansprechen. Da sie den Trainer nicht wechseln kann, reduziert sie ihre Trainingseinheiten bei ihm. In der Folge lassen Kondition und Ausdauervermögen nach.
Die junge Skifahrerin entfernt sich dadurch von ihrem Ziel statt ihm näher zu kommen. Was hilft hier? Sie kann häufiger allein ihre Kondition trainieren statt unter Anleitung oder sich einen Trainingspartner suchen, z. B. einen Triathleten oder eine befreundete Skifahrerin.
Damit verändert sie ihr Trainingsumfeld positiv und büßt keine Kondition ein. Denn für ihre mangelnde Fitness ist letztlich nicht ihr Trainer verantwortlich, sondern ihre bisherige Haltung.
Mentale Stärke: Erfolgsfaktor Heimathafen
Um erfolgreich zu sein, benötigen wir ein intaktes Umfeld. Dabei kommt dem privaten Bereich eine entscheidende Rolle zu. Gerät hier etwas in Schieflage, beeinflusst das auch die sportliche Zielerreichung.
Der ehemalige Radextremsportler Wolfgang Mader sagt: „Das private Umfeld ist der absolute Hauptfaktor für alle meine Erfolge in meinem bisherigen Leben; egal ob sportlich, in der Ausbildung, im Beruf oder sonstwo. Steht die Familie nicht zu 100% hinter dir, gehst du mit einem derart starken negativen Energie- und Ablenkungsfaktor ins Rennen um den Erfolg, der kaum zu bewältigen ist. Es leidet dann meist entweder das Erreichen des Zieles, oder die Familie oder die Gesundheit. Erfolg ist immer ein ideales Zusammenspiel aller dich begleitenden und damit beeinflussenden Faktoren auf dem Weg zum Erfolg.“ (Heimsoeth, 2015, S. 92).
Dieses Zusammenwirken bekommen übrigens auch Trainer zu spüren. Der ehemalige Hockeynationaltrainer Bernhard Peters sagt: „Meine emotionale Ausstrahlungskraft, meine Überzeugungskraft als Trainer und Führungsfigur hängt ganz entscheidend von der emotionalen Lage zu Hause ab. Meine Spieler haben mir das immer wieder bestätigt.“ (Peters et al., 2012, S. 209).
Sämtliche Athleten, mit denen ich für mein Buch „Sportmentaltraining“ gesprochen habe, bestätigen diese Aussagen. Im privaten Umfeld liegt die Quelle für Stabilität und Sicherheit, Ruhe und Verlässlichkeit.
Das ist gerade bei Wettkämpfen, wo nur ein Teil der Bedingungen in deinem Einflussbereich liegen, ein Halt gebendes Fixum. Gleichzeitig hast du für deine Vertrauenspersonen im privaten Umfeld einen Stellenwert, der – anders als beim sportlichen und/oder beruflichen Umfeld – völlig unabhängig von deiner sportlichen Leistung ist.
Gerade nach Niederlagen findest du hier Zuspruch und Bestätigung. Die Erwartungen deines privaten Umfelds an deine sportlichen Leistungen sind anders als die deines sportlichen Umfelds.
Um übrigens Konflikte mit deiner Familie bezüglich des Zeitaufwands für deinen Sport zu vermeiden, kannst du auch versuchen, sie teilweise zu integrieren, z.B. in dem du sie bei langen Laufeinheiten bittest, dich auf dem Rad zu begleiten.
Zeit lässt sich auch gewinnen, wenn du mit dem Rad zur Arbeit fährst und vielleicht sogar Umwege einplanst. Dasselbe gilt für den Rückweg. Auf diese Weise hast du schon vorm Eintreffen zu Hause deine Trainingseinheit absolviert und Zeit für die Familie gewonnen.
Im Urlaub kannst du auch die frühen Morgenstunden für den Sport nutzen, so dass der Tag zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung steht.
Die Dosis macht‘s
Im Wettkampf kann das private Umfeld bei Bedarf auch eine aktive Rolle vor Ort einnehmen – das hängt ganz von deinen Bedürfnissen ab.
Mit einer Klientin von mir, einer Marathonläuferin, habe ich mir vor dem Lauf die gesamte Strecke angeschaut. Wir bestimmten jene kritischen Stellen, an denen sie im Training schwere Beine bekam. Vor Beginn des Marathons haben wir ihre Freunde gezielt über die Strecke verteilt.
Wir statteten sie mit großen Tafeln aus, auf denen vorher festgelegte Sätze standen. Ihre Freunde hatten den Auftrag, nur diese Sätze zu rufen und nichts anderes, weil manchmal das Wording sehr entscheidend ist. Jede Abweichung kann beim Athleten für Irritation sorgen und ihn aus der Konzentration reißen. Beim Lauf selbst waren dann die Rufe ihrer Freunde eine enorme Hilfe, um nicht den schweren Beinen zu erliegen.
Junge männliche Athleten haben vielleicht das Bedürfnis, dass ihre Freundin sie zum Wettkampf begleitet, weil es ihnen gut tut. Dann ist es wichtig, genau zu klären, wie sie ihn vor Ort unterstützen kann.
Wo sich die Freundin z.B. bei einem Triathlon aufhält und wo die beiden am besten aufeinander treffen, wenn der Athlet sie während des Triathlons sehen möchte. Ist das nicht klar geregelt, kann auch hier die Anwesenheit der Freundin zum Störfeuer werden, dass für den Verlust der Zielfokussierung sorgt.
Kleine Gesten, große Wirkung
Ein Unterstützer-Umfeld will gepflegt werden, sonst verkümmert es. Jeder von uns braucht soziale Anerkennung. Danke zu sagen, ist eine Form der Anerkennung, die Beziehungen am Leben hält. Würdige den Einsatz deiner Unterstützer mit dankbaren Gesten, z.B. durch:
- eine nette Nachricht
- eine kleine persönliche Aufmerksamkeit
- das Zeigen echten Interesses am anderen (offene persönliche Fragen stellen und aktiv zuhören)
- Zeit, die du dir für den anderen nimmst
- Unterstützung, die du dem anderen gibst, wenn er sie braucht
- einen Anruf aus der Ferne
Wer sein Umfeld bewusst gestaltet und würdigt, schafft eine solide Basis für sein Leben und seine mentale Stärke. Das gilt nicht nur für den Sport. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei!
Über die Autorin:
Antje Heimsoeth, Diplom-Ingenieurin (FH), weltweit tätig als Coach, ECA und DVNLP, zert. Mental Coach, Gesundheitstrainerin, ECA Sport Coach (Master Competence), zert. Entspannungspädagogin, zert. Business Coach und Top-Speakerin mit mentalem Olympiafaktor: Go for Gold! mit eigenem Institut Heimsoeth Academy, ausgezeichnet als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und „Deutschlands renommierteste Motivationstrainerin“ (FOCUS). Von der Bestsellerautorin erschien zuletzt: „Sportmentaltraining“, mit einem Vorwort von Oliver Kahn im Pietsch Verlag, 2015.
Infos unter www.heimsoeth-academy.com, www.antje-heimsoeth.com
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Verwendete Literatur:
Antje Heimsoeth, Sportmentaltraining, Pietsch, Stuttgart, 2015, S. 91-95.
Bernhard Peters et al., Führungsspiel, , Ariston, München, 2012, S. 209.
Und das meinen die Leser:
Vielen herzlichen Dank für deinen tollen Newsletter mit den guten Tipps.