Vergiss das Runners High – 7 Wege, wie du den Flow beim Laufen findest

Jenseits der extremsten Erschöpfung und Qual stossen wir möglicherweise auf ein Ausmass an Mühelosigkeit und Kraft, das wir uns nie erträumt hätten. (William James)

Bernd läuft seinen fünften Marathon und er ist bestens drauf. Seit Monaten bereitet er sich akribisch auf diesen Tag vor und nun ist schon mehr als die Hälfte geschafft. Es läuft bei Bernd!

Er passiert Kilometer 30 und so langsam melden sich die ersten Ermüdungserscheinungen. Nicht extrem, aber doch mit jedem Meter bemerkbarer.

“Hoffentlich wartet nicht der Mann mit dem Hammer bei Kilometer 35.”, denkt sich Bernd. Doch diesmal hat er besonders die langen Läufe intensiv trainiert. Bernd ist zudem auf Bestzeitkurs und das will er sich nicht entgehen lassen.

Und dann kommt der berühmte Kilometer 35, Bernd schaut kurz auf seine Uhr: WOW – was für eine großartige Zwischenzeit. Er beschleunigt noch einmal, obwohl die Beine längst richtig weh tun und er weiß nicht einmal warum.

Es passiert einfach – die Schmerzen sind vergessen, der Kopf ist leer und Bernd beginnt zu grinsen. Und zu fliegen – jedenfalls fühlt er sich so. Oder ist es eher ein Schweben?

Bernd erlebt das Runners High – plötzlich und gewaltig und surft auf dieser Welle völlig schmerzfrei dem Ziel entgegen. Die Schmerzen und die Müdigkeit in den Beinen spürt er erst Stunden später wieder, als er kaum aus der Badewanne im Hotelzimmer steigen kann. Doch da ist die neue Bestzeit längst im Kasten.

Das Runner High ist sowas wie der heilige Gral der Läufer. Jeder Sportler erzählt davon, doch keiner (oder kaum ein Mensch) hat ihn je gesehen. Auch ich nicht – jedenfalls kann ich mich an keinen solchen Moment erinnern. Oder habe ich es im Drogenrausch nur nicht bemerkt?

Du bist high – Runners High!

Die einen halten es für ein Märchen, die anderen vergleichen es mit dem G-Punkt – das Runner High. Jener berauschende Zustand, der dich alle Schmerzen vergessen lässt und deinen Körper mit Glücksgefühlen überschwemmt.

Ob Mythos oder Wahrheit – es ist erwiesen, dass in deinem Körper ein körpereigener Drogencocktail produziert werden kann, der zum Runners High führt.

Der Drogencocktail deines Körpers

Forscher von der Uniklinik Bonn und der TU München wiesen 2008 nach, dass nach einem zweistündigen Dauerlauf vermehrt Endorphine in bestimmten Gehirnregionen festgesetzt werden. Wenn du es genauer wissen möchtest, dann empfehle ich dir den Artikel in der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“. Dieser steht auch online zur Verfügung. [1]

Diese Endorphine docken an die gleichen Rezeptoren an, wie es zum Beispiel Drogen wie Cannabis oder Heroin tun. Und genau wie die genannten Drogen vermindern die körpereigenen Opiate dein Schmerzempfinden und machen dich euphorisch – du bist high!

Und das – so zumindest die Theorie – auch längst noch, wenn du bereits deinen Lauf beendet hast.

Doch es gibt noch mehr Botenstoffe im Gehirn, die beim Sport gebildet werden: Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin – ein richtiger Cocktail an körpereigenen Drogen.

Die starken Emotionen jedoch lassen sich nicht nur allein durch die körpereigenen Drogen erklären, da muss es noch mehr geben. Zu dieser Erkenntnis kommt auch Oliver Stoll, Professor für Sportpsychologie an der Universität Halle-Wittenberg.

Das Runners High ist der heilige Gral der Läufer. Nur wenige werden es je erreichen. Viel erreichbarer und realistischer ist da der Flow beim Laufen.

Der kleine Bruder vom Runners High

Stoll hat gemeinsam mit einem Kollegen aus Beirut 2009 untersucht, was in den Momenten von intensiver und langanhaltender Belastung noch so im Gehirn abläuft.

Die meiste Energie und der meiste Sauerstoff wird bei Belastung in deine Muskeln transportiert. Dort wird er dringend gebraucht. Dein Gehirn wiederum muss mit dem verbliebenen Sauerstoff haushalten, um seine Funktionen aufrecht zu erhalten. Deshalb läuft es auf Sparflamme und alle Gedanken an Job & Alltag verschwinden.

„Schuld“ ist der präfrontale Cortex, der Teil der Großhirnrinde, welcher in solchen Momenten abgeschaltet wird und normalerweise für das Denken, als Problemlöser und die Wahrnehmung von Raum und Zeit zuständig ist. Du bist nur noch im Hier und jetzt. Du bist im Flow – ein Gefühl, das vergleichbar mit einem leichten Alkoholrausch ist.

Läuft bei dir – was passiert im Flow

Deine Beine laufen wie von selbst, du fühlst dich blendend und deine Gedanken verschwinden vor deinem geistigen Auge.

Du bist im Flow – ganz im aktuellen Moment. Ein ganzes mit deinem Körper und deinen Laufschuhen – nur du und der Weg vor dir. So einen Moment hast du wahrscheinlich schon erlebt. Den kennen sehr viele Läufer. Und dieser Moment ist großartig:

Laufen macht glücklich!

Die Flow-Theorie als Formel zum Glück

Die Flow-Theorie geht auf den ungarischen Psychologie-Professor Mihály Csíkszentmihályi zurück. Sie beschreibt das vollkommene Aufgehen in der aktuellen Tätigkeit und bezieht sich keineswegs nur auf dem Sport. Auch bei anderen Tätigkeit, sei es im Job oder im Alltag kannst du Flow erleben.

Csíkszentmihályi geht in seinem lesenswerten Buch „Flow. Das Geheimnis des Glücks“* sogar noch einen Schritt weiter.

Für ihn ist Flow die Formel für Glück. Glück kommt nicht von außen, Glück ist das, was du aus deinen Erfahrungen machst. Laut der britischen Zeitung “The Independent” gehört Mihaly Csikszentmihalys »Flow. Das Geheimnis des Glücks«* zu den 33 Büchern, die man gelesen haben muss, bevor man 30 wird. [2]

Nun das habe ich nicht so wirklich geschafft – aber es vor ein paar Wochen dann nachgeholt.

Wie du mit diesen 7 Komponenten den Flow erreichst

Für den Flow beim Sport (oder auch bei anderen Dingen) müssen 7 Dinge erfüllt sein.

  • Du hast ein klares Ziel und erhältst sofort Rückmeldung darüber.

Diese Komponente ist im Sport sehr einfach zu erfüllen. Du möchtest laufen, weil es dir Spaß macht und gut tut und du läufst. Schneller kann eine Rückmeldung nicht erfolgen.

  • Deine Konzentration auf diese eine Sache ist hoch.

Konzentration nur auf eine Sache ist etwas, was wir in unserem Alltag kaum noch haben. Selbst beim Laufen schweifen die Gedanken umher, für den Flow musst du dich jedoch nur aufs Laufen selbst konzentrieren.

  • Das Verhältnis zwischen Herausforderung und Können muss passen.

Läufst du an deinem persönlichen Limit, wird sich Flow kaum einstellen. Gleiches gilt, wenn du zu langsam läufst. Auch da wirst du den Flow nicht erleben, denn du brauchst die richtige Mischung aus Anforderung und Fähigkeit für das was du tust. Das ist übrigens der Hauptgrund, warum Laufanfänger fast nie in den Flow kommen. Dazu braucht es Erfahrung und Können.

  • Du kontrollierst die eigene Handlung.

Kontrolle ist oft negativ behaftet, doch hier gilt das nicht. Du kontrollierst deinen Körper und deine Geschwindigkeit – du läufst gleichmäßig und locker.

  • Die Leichtigkeit des Seins

Deine Beine laufen von selbst, deine Arme bewegen sich gleichmäßig mit deinen Beinen und auch dein Atem passt sich diesem Rhythmus an. Laufen fällt dir leicht.

  • Du vergisst die Zeit.

Wie lang bist du eigentlich schon unterwegs? Und wie lange fühlst du dich schon so? Im Flow verlierst du dein Zeitgefühl – und zwar in beide Richtungen.

  • Du bist deine Beine, deine Beine sind du.

Gedanken an den Alltag verschwinden und werden dabei immer kleiner. Alles was du willst, ist Laufen und das jetzt und in dieser Umgebung.

Sport tut gut – doch die Dosis macht das Gift

Der Kult-Trailläufer Florian Neuschwander hat den Flow zu seinem Motto gemacht: „Run with the Flow“  ist ein Spiel mit seinem Namen, aber auch mit dem magischen Momenten beim Laufen.

Diese „magischen Momente des Flow“ sorgen im übrigen auch dafür, dass Sport für dich eher Erholung denn Anstrengung ist. Probleme, die vor dem Lauf noch sehr groß waren, erscheinen nach dem Training klein und lösbar. Oder es fließen aus dem Nichts neue Ideen aus dir heraus. Sehr oft schon habe ich zum Beispiel meinen Lauf kurz unterbrochen, um eine neue Idee in meinem Handy festzuhalten.

Doch es gibt nicht nur positive Ausprägungen von Runners High und Flow. Einige Menschen gieren nach diesem Momenten auch weit über dem hinaus, was ihre Gesundheit fördert. Wenn sie den Flow nicht erreichen, überwiegt Niedergeschlagenheit und Gereiztheit. Typische Suchtsymptome eben – was Sportsucht bedeutet, habe ich dir in einem ausführlichen Artikel hier im Blog beschrieben: Sportsucht – Kennst du die dunkle Seite des Sports?

Das Sport in Maßen deiner Psyche sehr gut tut, zweifelt niemand an. Auch wenn die Frage nach dem Warum wissenschaftlich nicht eindeutig beantwortet ist, so ist dir das sicher egal.

Viel wichtiger ist vielmehr die Frage, warum machst du nicht endlich mehr Sport? Hol dir dazu meinen kostenlosen Ratgeber „15 bewährte Methoden, um endlich mehr Sport zu machen“.

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Ach übrigens – ich wünsche dir mehr Zeit für Sport in deinem Leben.

Dein Torsten…

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Quellen:

[1] http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/55616/

[2] http://www.independent.co.uk/arts-entertainment/books/features/the-business-books-every-professional-should-read-before-turning-30-a6760546.html

Über den Autor: Torsten Pretzsch

Ich bin 2008 von der Couch aufgestanden, um ein sportlicheres Leben zu führen. Begonnen mit einer Laufrunde von 15 Minuten, lief ich Jahre später Marathon und absolvierte einen Ironman.

Mit dem ausdauerblog möchte ich meine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.

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