
Seit Jahren dümpelt mein sportlicher Alltag so vor sich hin. Die letzte Laufbestzeit liegt etwa 7 Jahre zurück. Auch den größten sportlichen Traum – einen Langdistanz-Triathlon zu schaffen, habe ich mir bereits vor 4 Jahren erfüllt.
Auf dem Weg dahin war Zielstrebigkeit seit meinem Sporteinstieg mein zweiter Name. Motivationstiefs nur von kurzer Dauer und die meiste Zeit trainierte ich zielstrebig für das nächste Event.
Doch nach dem großen Traum kam die große Leere.
Daher möchte ich mit dir ein paar Gedanken teilen, die zum Nachdenken anregen und mal etwas anderes sind, als konkrete Tipps, um endlich mehr Sport zu machen.
Das Wesen unserer Leistungsgesellschaft
Es ist zutiefst menschlich, nach immer mehr zu streben. Der Marathon ist Statussymbol, es genügt den Meisten nicht, einfach nur regelmäßig zu laufen.
Wobei ist der Marathon wirklich das große Ziel vieler Läufer? Muss es nicht heute schon eher ein Ultra sein? Könnte man meinen, wenn man diverse Läufergruppen in den sozialen Medien verfolgt. Vor ein paar Jahren wusste ich noch nicht einmal, was ein Ultra überhaupt ist.
Oder man macht gleich Triathlon, um ein nickendes Anerkennen bei den Kollegen zu erhaschen. Hab ich ja auch so gemacht.
Immer mehr – immer höher – schneller – weiter.
Doch zu welchem Preis? Und warum machen wir das eigentlich? Macht es dich glücklicher einen Marathon gelaufen zu haben? Oder warum machst du das? Und warum mache ich das eigentlich? Ist es das Streben nach Glück?
Das Streben nach Glück
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass mich meine sportlichen Errungenschaft nicht direkt glücklicher gemacht haben. Klar war das Grinsen und die Freude groß, wenn ich wieder ein Ziel erreicht hatte.
Oder war es Erleichterung? Nein – es war pure und reine Freude. Einfach ein Glücksgefühl und ein Moment des Stolzes. Dieser Gefühlscocktail kann süchtig machen und wie bei jeder Droge giert man schnell nach einer neuen Dosis.
Spätestens am nächsten Tag schmiedete ich schon wieder neue Pläne.
Sieht so Glück aus?

Sport hat mich verändert
Sport hat mich verändert und das definitiv zum Positiven. Ich bin selbstbewusster geworden, zielstrebiger, entspannter und gesünder lebe ich natürlich auch.
Dinge, von denen ich im Alltag permanent profitiere. Sei es beruflich oder privat. Sport kann somit sehr wohl ein zum persönlichen Glück beitragen. Als ein wichtiges Puzzleteil von vielen…
Marathon laufen oder Triathlon muss man dafür nicht machen. Auch permanente Bestzeiten sind dafür unerheblich. Es reicht die regelmäßige Bewegung. Und trotzdem habe ich eine zeitlang und gerade am Anfang dieses „höher, schneller, weiter“ gebraucht.
Die Kehrseite der Medaille
Es spricht ja auch gar nichts dagegen, nach Bestzeiten und dem „höher, schneller, weiter“ zu streben.
Wirklich? Wie jede Medaille hat dieses Streben auch ein paar Kehrseiten.
Das ist zum einen der ständige Optimierungswahn. Eine zeitlang war ich dem Verfallen. Da wird das Leben aufs Genaueste durchgetaktet, um die Trainingseinheiten richtig zwischen Job und Privatleben hinein zu quetschen. Da wird das Training bis ins letzte Detail geplant und optimiert.
Da wird die Ernährung aufs genaueste kontrolliert und Nahrungsergänzungsmittel – eigentlich für mich ein Tabu – sind plötzlich doch eine Option.
Noch mehr Stress durch Sport
Was daraus entstand sind Bestzeiten, neue persönliche Rekorde und Ergebnisse, die Monate zuvor noch unvorstellbar waren. Auf meinem bescheidenen Niveau zwar, aber immerhin. Heiligt also der Erfolg die Mittel?
Nicht wirklich, denn ein Nebenprodukt sind Druck und Stress. Dabei soll doch Sport dabei helfen, den Stress abzubauen. Statt dessen steigert sich der Stresslevel noch mehr. Stück für Stück – wie das berühmte Fass, was immer voller läuft.
Übrigens – damit wir uns richtig verstehen – ich verteufle Stress keineswegs. Ich bin ein Teil unserer Leistungsgesellschaft und weiß, dass ich erst unter positiven Stress meine besten Leistungen abrufe. Ich halte gar nichts von permanenten Müßiggang.
Und trotzdem habe ich gelernt, dass es eben nicht permanent Druck geben darf. Es muss Zeiten geben, da spielt das Optimieren, der Terminkalender, das viele Training und die Aufgabenliste keine Rolle. So tankt man den Akku wieder auf und ich habe persönlich habe dann auch bald wieder richtig Lust auf Stress. Ja – du hast richtig gelesen: Lust auf Stress!
Ohne die Ruhezeiten läuft das Fass irgendwann über und beim Sport greift man dann schnell zu ein paar „unterstützenden“ Maßnahmen. Doping ist nicht nur im Spitzensport ein Thema. Und regelmäßig liest man von Betrugsfällen bei Volksläufen, wie zum Beispiel Marathonläufer, die mit der U-Bahn abkürzen. Wenn du mehr über die dunkle Seite des Sports lesen möchtest, dann schau mal hier vorbei:
Zum Glück konnte ich diesen Dingen stets widerstehen!
Das Kartenhaus bricht zusammen
6 Jahre brauchte ich vom Couchpotato, der nicht einmal 10 Minuten am Stück laufen konnte bis zum Langdistanz-Triathleten, der 3,8km schwimmt, 180km radelt und schließlich noch einen Marathon läuft – am Stück natürlich – und in zwar durchschnittlichen aber immerhin gut 12 Stunden.
6 Jahre in denen es immer „höher, schneller, weiter“ ging. Ein Ziel erreicht – super, dann auf zum nächsten Ziel. Klar gab es auch ein paar kleine Rückschläge, doch getreu dem Olli-Kahn-Motto: „Weiter! Immer weiter!“ näherte ich mich meinem sportlichen Zenit – mit genau 40 Jahren war ich fit wie niemals zuvor und stand im Juli 2014 freudestrahlend im Ziel der Challenge Roth.

Was nach der anfänglichen Freude folgte, war eine gähnende Leere. Denn wie es nach Roth sportlich weiter geht, darüber hatte ich mir vorher so gar keine Gedanken gemacht. Klar war nur, dass eine weitere Langdistanz erst einmal nicht in Frage kam. Dafür ist der Aufwand zu groß.
Sportlich dümpelte ich im Folgejahr so vor mich hin. Eine Triathlon-Mitteldistanz und ein Marathon brachten nicht annähernd das Ergebnis, was ich mir erhofft hatte. Warum? Die Motivation war weg, um im Training ordentlich Gas zu geben. Und sie ist seit dem auch nie wieder richtig da gewesen.
Und so steckte ich meine Energie in den Job und in den Blog hier und in Sachen Sport nahm ich deutlich Gas raus. Ich blieb selbstverständlich aktiv, aber ohne große Ambitionen. Und jünger wird man ja schließlich auch nicht…
Ohne Ziel geht es nicht
Der Herbst ist Zeit der Jahresplanung und damit auch der sportlichen Jahresplanung. Und so sitze ich seit dem jedes Jahr da und grüble, wie ich das kommende Jahr gestalten werde.
Denn eines ist klar, ohne Ziel geht es bei mir nicht. Und eigentlich auch nicht ohne Wettkampf. Ich brauche das als Herausforderung an mich selbst. Nicht ständig und eigentlich auch nicht mehr oft, aber als Fixpunkte im Sportjahr helfen mir ein paar Highlights schon, um regelmäßig dranzubleiben.
Falls auch du eine sportliche Jahresplanung machen möchtest, empfehle ich dir folgenden Artikel:
Erlebnisse statt Bestzeiten
Doch immer mehr reift in mir dabei die Erkenntnis, dass Erlebnisse mehr zählen als Zeiten und Bestleistungen. Dieses Jahr bin ich zum Beispiel mit dem Rennrad über die Alpen gefahren. Ein richtig tolles Erlebnis und auch sportlich war es durchaus herausfordernd.
Und noch etwas spannendes habe ich dieses Jahr entdeckt – Trailrunning. Auch etwas, was mehr Erlebnis- und weniger Wettkampfcharakter hat. Die ursprünglich gedachte Triathlon-Mitteldistanz habe ich dagegen abgesagt und mich auf zwei kürzere Wettkämpfe konzentriert.
Deutlich geruhsamer, aber keineswegs weniger faszinierend sind Wanderungen in den Bergen. Ich liebe die Berge, doch aufgrund meines Trainingsplans beschränkten sich jahrelang die Touren meist auf den Herbst, wenn die Wettkampfsaison vorbei war. Warum eigentlich? Auch das Frühjahr hat seinen Reiz…
In Sachen Wettkämpfe schaue ich mittlerweile mehr auf das Ambiente und das Flair, als auf potentielle Bestzeiten. So habe ich durch meinen Coachee Marcus den Tipp bekommen, mir mal den Luxemburg-Marathon anzuschauen. Eine hügelige Strecke ohne Chance auf Bestzeit, aber ein einmaliges Flair in der Altstadt von Luxemburg und vor allem die Besonderheit, dass der Marathon am Abend startet und bis in die Nacht geht. Das klingt toll – das wird gebucht…
Sport ist mein Lifestyle – auch ohne höher, schneller, weiter
Denn – wie gesagt – ohne Ziel geht es bei mir auch nicht. Auch wenn „Dabei sein ist Alles“ ist wichtiger als „Höher, schneller, weiter“ geworden ist. Sport ist längst mein Lifestyle und mehr als nur die eigene Leistung.
Ich habe Spaß anderen mein Wissen weiterzugeben und sie auf ihrem Weg in ein sportlicheres Leben zu begleiten. Freue mich, wenn meine Coachees neue Bestzeiten erreichen und erziele daraus mindestens genauso viel Befriedigung, wie als ich noch selbst regelmäßig Bestzeiten lief.
Und wie schaut es bei dir aus?
Strebst du noch nach neuen Bestzeiten oder gehörst du längst zur Kategorie der Genusssportler? Was treibt dich an? Ich freue mich auf deinen Kommentar…

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Über den Autor: Torsten Pretzsch

Ich bin 2008 von der Couch aufgestanden, um ein sportlicheres Leben zu führen. Begonnen mit einer Laufrunde von 15 Minuten, lief ich Jahre später Marathon und absolvierte einen Ironman.
Mit dem ausdauerblog möchte ich meine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.
Bin gerage zufällig über diesen schönen Artikel gestolpert. Vor allem erinnert er einen wieder daran, dass Sport auch zum Abschalten und nicht nur zu Bestzeiten beitragen kann. Ich kann jedem nur empfehlen sich eine aktuelle Sportuhr anzuschaffen. Der Grund ist, dass diese nicht nur zu Optimierung eingesetzt, sondern auch zu Körperreservenschonenden und regelmäßigen Sportintervallen genutzt werden kann. Sobald man unbewußt wieder versucht immer besser zu werden, was wieder zu Belastungen und Stress führt, kann die Uhr einen Alarm ausgeben und ausbremsen 🙂
Lg, Dani
Hallo Torsten,
wieder mal ein toller Artikel von dir. Du sprichst mir absolut aus dem Herzen. Ich war schon immer Genußsportler. Immer nur aus Spaß an der Bewegung, Ausgleich zur Schule und später zur Arbeit. Das Treffen mit Freunden und Gleichgesinnten gehörte auch immer dazu. Ausdauersport ist erst vor ein paar Jahren hinzugekommen. Letztes Jahr bin ich mit 52 Jahren meinen 1. Halbmarathon gelaufen. Und der Distanz wird es auch bleiben. Für längere Strecken ist mir der Trainingsaufwand zu groß. Soll ja alles noch Spaß machen und dem Erhalt der Gesundheit dienen. Sportliche Grüße aus Ostwestfalen,
Matthias
Gute Einstellung, Matthias und vielen Dank für das Kompliment.Deine Leichtigkeit musste ich erst lernen und übe mich regelmäßig darin. 😉
Viele Grüße
Torsten
Lieber Torsten,
wie immer trifft Dein Artikel den Nagel auf den Kopf. Muss es immer die PB sein im Wettkampf? Muss man sich auch beim Ausüben seines Hobbies so unter Druck setzen? Die beruflichen Herausforderungen sind doch schon oft Stress genug. Ein Hobby soll einfach nur Spaß machen und von dem Alltagsstress ablenken. Ich gehöre definitiv zu den Genusssportlern. Klar freue ich mich auch über Bestzeiten, aber ich nehme die Wettkämpfe als Herausforderung gegen meinen eigenen Körper und nicht wegen des Messens an Anderen. Ich liebe die Anspannung vor einem Rennen, die Atmosphäre rund um das Rennen und freue mich, neue Gegenden zu erkunden. So nehme ich z.B. nächstes Jahr in Mannheim man Dämmermarathon teil, ebenfalls ein Abendrennen. Und zum Glück bietet mein Job mir die Gelegenheit hier in Amerika eine ganz andere Laufkultur kennenzulernen. In der Trainingsgruppe, der ich mich angeschlossen habe, steht der Spaß am Laufen im Vordergrund. Jeder Läufer, egal ob klein/groß/schnell/langsam soll gesund und fröhlich im Ziel ankommen. Das Zauberwort hier heißt Happy Pace! Das finde ich sehr sympathisch.
Und läuferisch warten mit dem Miami Halbmarathon im Januar und der Fairytale-Challenge Ende Februar in Disney World gleich am Anfang des neuen Jahres zwei Highlights auf mich, die ich mit meiner neu gefundenen Happy Pace bestreiten werde. 🙂
Viele Grüße aus dem Sunshine State,
Yvonne
Hallo Yvonne,
„happy pace“ gefällt mir! 😉 Vielen Dank für deine Worte und viel Spaß und Erfolg bei deinen Plänen für 2019.
Viele Grüße übern Teich
Torsten